Insekten

Dies ist eine alte Version des Dokuments!


Kiefern- oder Forleule (Panolis flammea)

Kieferneule (Panolis flammea)Dieser Schmetterling (Nachtfalter) aus der Familie der Eulenfalter (Noctuidae) mit dem Namen Kieferneule oder Forleule mag sandigen oder steinigen Boden, bevorzugt daher lichte Kiefernwälder mit solchen Böden oder auch Steinbrüche und Gärten. Das Verbreitungsgebiet der Kiefer repräsentiert in etwa den Lebensraum des Falters, ausgenommen der südlichen und nördlichen Grenzbereiche. Es erstreckt sich vom Westen Kataloniens über Südfrankreich, Mittelitalien, Mitteleuropa bis nach Westsibirien, das Kaukasusgebiet und Kleinasien, reicht im Norden bis an den Polarkreis heran sowie im Süden bis zur nördlichen iberischen Halbinsel und bis nach Italien (einschl. Sizilien und Sardinien). Auch in der Höhe ist die Kiefern- / Forleule zu finden, bspw. in den Alpen bis auf 1.700 m.[1]

Kommt es zu Massenvermehrungen, kann sie schwere Schäden verursachen und insbesondere 40-80-jährige Kiefernbestände mit einem maximalen Niederschlag von 800 mm gefährden. Charakteristischerweise erfolgt ein Befall im Mai / Juni, so dass der frühe Fraß an der Kiefer die Anlage neuer Knospen stört und somit die Gefahr eines Absterbens bereits nach einmaligem Kahlfraß steigert. Zum Höhepunkt der Massenvermehrung Ende Mai / Anfang Juni beginnen die Kiefernkronen braun zu werden.[2]

Meistens dauern die Massenvermehrungen der Kiefern- / Forleule nicht lange und auf begrenzte Nadelverluste im ersten Befalljahr, folgt unmittelbar das Jahr mit dem Fraßhöhepunkt. Häufig in Form eines Kahlfraßes und dem Zusammenbruch der Schädlingspopulation.[2]

Warme Jahre mit wenig Niederschlag zeichnen oftmals für derartige Massenvermehrungen verantwortlich, da insbesondere das erste Raupenstadium empfindlich auf Wetterlagen reagiert. Andauernde Regenfälle beeinträchtigen bisweilen die Eiablage stark und sorgen für eine hohe Sterblichkeit. Hohe (Boden-)Trockenheit wiederum ist ungünstig für die Puppen, die etwa ein Dreivierteljahr im Boden liegen.[2]

Merkmale [1]

Die Kieferneule ist ein mittelgroßer Nachtfalter mit einer Flügelspannweite von 30 bis 40 Millimetern.[1] Die Färbung der Vorderflügel ist variabel und reicht von zimtrot, gelbbraun bis graubraun. Auf den Vorderflügeln sind Ring- und Nierenmakel relativ groß und sehr deutlich ausgebildet. Die Ringmakel ist zum Apex hin spitz ausgezogen. Die Nierenmakel ist stark nach außen gekrümmt und berührt mit der Längskante den Rand der Subcostalader. Die Hinterflügel sind dunkelbraun oder grauschwarz und mit einem weißen Fransenrand umgeben. Der Kopf ist stark behaart und wie die Brust rötlichgrau gefärbt. Der Hinterleib ist gelbgrau und ebenfalls behaart.

Die Eier sind halbkugelig und längsgefurcht. Zu Beginn der Eientwicklung sind sie grün, später nehmen sie eine weißliche bis rötliche Färbung an.

Die Raupen werden bis ca. 37-40 Millimeter lang. Sie sind unbehaart und weisen drei Paar Thorakalbeine und vier Paar Beine an den Abdominalsegmenten 3-6 und ein Paar Nachschieber am letzten Abdominalsegment auf. Die L1-Raupe ist hellgelb bis hellgrün gefärbt und hat einen gelb gefärbten Kopf. Die helle Längsbinde ist nur undeutlich ausgebildet. Das erste Bauchfußpaar ist bei den L1- und L2-Raupen zunächst schwach ausgebildet; sie bewegen sich dadurch spannerartig fort. Die späteren Raupenstadien besitzen einen rotbraunen Kopf. Sie zeigen eine helle Rückenlinie und jederseits drei helle Längsbinden.

Die Puppe ist schwarzbraun bis dunkelrotbraun gefärbt und wird bis 15 mm groß. Sie besitzt einen kleinen, kegelförmigen Kremaster auf dem zwei spitze Borsten und vier kurze Borsten sitzen.

Ähnliche Arten

Wegen ihrer charakteristischen Zeichnung kann die Kieferneule mit keiner anderen Eulenfalter-Art verwechselt werden.

Charakteristisch für den Forleulenfraß ist der frühe Beginn (Mai/Juni) und das schnelle Fortschreiten. Im Höhepunkt einer Massenvermehrung werden die Kronen bereits Ende Mai/Anfang Juni braun. Die zart gelbgrünen Eiraupen mit honiggelber Kopfkapsel bewegen sich spannerartig fort, da das erste Bauchfußpaar nur schwach entwickelt ist (Abb. 2, oben). Die Raupen der folgenden Stadien sind grün und an insgesamt sieben hellen Längsstreifen zu erkennen (Abb. 2, unten). Die dunkelgrünen Puppen, die beim Probesuchen im Boden gefunden werden, besitzen auf dem 4. Hinterleibssegment ein von einem halbmondförmigen Wall umgebenes

Grübchen, das letzte Segment besitzt zwei deutliche Enddorne und daneben jederseits zwei feine Borsten, die allerdings häufig abgebrochen sind (Abb. 3). Die fast 2 cm großen Falter tragen in Ruhe die Flügel dachförmig über dem Hinterleib (Abb. 4). Die Farbe der Vorderflügel variiert von zimtrot über gelbbraun bis graubraun. Charakteristisch sind auch die beiden hellen Flecken, der sog. Nieren- und der Ringmakel.

Die Forleule hat nur eine Generation im Jahr. Fast 10 Monate - vom Sommer bis zum nächsten Frühjahr - ruht die Puppe im Boden. Schon ab Mitte Februar, in der Regel jedoch im April und spätestens bis Anfang Juni schlüpfen die Falter. Die Eiablage der Weibchen beginnt etwa vier Tage nach dem Schlüpfen und dauert ungefähr 14 Tage. Die napfkuchenähnlich geformten Eier mit radialen Rillen findet man in einreihigen Zeilen an vorjährigen Nadeln über die ganze Krone verteilt (Abb. 5). Nach drei Wochen erscheinen die jungen Raupen, die zum Triebende wandern und sich ausschließlich von sich öffnenden Knospen und Maitriebnadeln ernähren. Nach der ersten Häutung werden auch alte Nadeln benagt und bis auf kurze Stumme verzehrt.

Die Fraßperiode der insgesamt 5 Stadien dauert fünf bis sechs

Wochen, in denen jedes Individuum 7-8 g Nadelmasse vernichtet. Danach lassen sich die Raupen fallen oder kriechen am Stamm herunter. Nach einer kurzen Wanderung auf dem Boden bohren sie sich in die Streu ein und verpuppen sich in einer mit wenigen Gespinstfäden ausgekleideten Höhle dicht über oder wenige cm im Mineralboden. Je besser der Schutz vor Austrocknung und tiefen Temperaturen ist, um so höher ist die Schlüpfquote im nächsten Frühjahr.

Lebensweise [1]

Die Art bildet eine Generation pro Jahr. Die Falter fliegen bereits früh im Jahr von März bis Juni. Die nachtaktiven Falter ernähren sich von Weiden-, Birken- und Erlen-Pollen sowie Schlehen (Prunus spinosa). Die Falter werden von künstlichen Lichtquellen angezogen, kommen aber eher spärlich zum Köder.[3] Die Begattung findet nachts statt. Anschließend legen die Weibchen die Eier in Zeilen an den vorjährigen Nadeln im Kronenbereich der Bäume ab, wobei die Unterseite bevorzugt wird. Dabei legt ein Weibchen über einen Zeitraum von zwei bis neun Tagen bis zu 200 Eier in den Kronenbereich von 25- bis 50-jährigen Bäumen ab.[4] Die durchschnittliche Eizeit beträgt etwa 14 Tage und ist stark temperaturabhängig.[5] Raupen können im Juni und Juli angetroffen werden. Die Raupen fressen fast ausschließlich an den Nadeln der Waldkiefer (Pinus sylvestris), nur bei Massenvermehrungen findet man sie auch an Fichte (Picea abies) und Weißtanne (Abies alba). Sie frisst auch an den Nadeln der aus Nordamerika eingeführten Weymouth-Kiefer (Pinus strobus)[3]. Die Larvalentwicklung dauert in Mitteleuropa durchschnittlich vier Wochen. Dabei werden fünf Larvenstadien durchlaufen. Die Eiraupen (L1) sind auf die Nadeln des Maitriebs angewiesen. Sie können sich aber auch in die Knospen einbohren, wenn sich aufgrund schlechter Witterung der Austrieb verzögert. Ab dem zweiten Larvenstadium (L2) fressen sie bereits an den Nadeln des Vorjahres, bevorzugen aber noch die jungen Triebe. Die ausgewachsenen Raupen findet man dann an den alten Nadeln. Sie leben in der Krone der Bäume. Durch die Streifenzeichnung und die langgestreckte Körperform sind die Raupen auf ihrer Nahrungspflanze zwischen den ähnlich aussehenden Nadeln perfekt getarnt.Während der Larvalentwicklung werden die Larven relativ häufig parasitiert[3], was eine Massenvermehrung schnell beenden kann. Zur Verpuppung lassen sich die Raupen entweder einfach aus der Krone fallen, oder sie wandern den Stamm hinunter. Sie verpuppen sich am Boden unter Moos und überwintern als Puppe in einem festen Kokon im Boden bevor sie im Frühjahr als Falter schlüpfen.

Die Überwachung des Massenwechsels von Forleulenpopulationen ist auch in der Latenz unerläßlich. Zu groß ist die Gefahr für den Bestand, wenn eine sich anbahnende Kalamität nicht rechtzeitig erkannt wird. Allerdings darf der Aufwand für die Kontrollen das unbedingt notwendige Maß nicht überschreiten, er muß der jeweiligen Gefahrensituation, d. h. der Populationsdichte, angepaßt sein.

Während der Latenz ist eine Konzentration der Untersuchungen auf wirklich gefährdete Standorte, d. h. auf Gebiete mit besonders ausgeprägter klimatischer und standörtlicher Begünstigung, in denen in der Vergangenheit bereits Kalamitäten auftraten, anzustreben. Diese erste Stufe der Überwachung kann mit Sexuallockstoff-Fallen erfolgen.

Eine deutliche Zunahme der gefangenen Männchen von einem Jahr zum anderen kündigt eine beginnende Massenvermehrung an. Deshalb ist dann in einer zweiten Überwachungsstufe auf Fraßschäden zu achten und mit der Puppensuche zu beginnen. Hierzu wird nach dem Abbaumen der Larven meist in der weniger arbeitsintensiven Winterzeit - auf 2,5 m² oder auch nur auf 1 m² großen Probesuchstellen der Oberboden gründlich durchsucht. Je 50 ha bis 200 ha Kiefernfläche ist ein Probebestand einzurichten. Werden mehr als 0,3 gesunde weibliche Puppen pro m² gefunden, ist nach dem Falterflug die Eidichte auf zufallsgemäß aus allen Kronenteilen entnommenen Trieben zu ermitteln (3. Überwachungsstufe).

Unter Zugrundelegung der nachgewiesenen Eizahl je 100 Triebe und in Abhängigkeit von der vorhandenen Nadelmasse, dem Alter der Bäume und der Ertragsklasse des Bestandes kann dann der Fraßgrad vorhergesagt und über die Notwendigkeit von Bekämpfungsmaßnahmen entschieden werden.

Zur Bekämpfung der ersten beiden Raupenstadien hat sich der Häutungshemmer Dimilin 25 WP (Wirkstoff Diflubenzuron) bewährt. Die Aufwandmenge betrug 150-300 g in 25-40 l Wasser pro ha. Gegen ältere Stadien wird der Einsatz einer Organophosphorverbindung oder eines Pyrethroids empfohlen. Die Ausbringung der Spritzflüssigkeiten kann nur vom Luftfahrzeug aus erfolgen und muss von der nach Landesrecht zuständigen Behörde genehmigt sein.

Bacillus Thuringiensis-Präparate wirken gegen Panolis flammea nur unzureichend. Gute Ergebnisse wurden bei Versuchen mit Suspensionen des spezifischen Kernpolyedervirus erzielt, die allerdings nicht im Handel erhältlich sind.

Schadwirkung [1]

Die Kieferneule zählt zu den Forstschädlingen und kann in Monokulturen großen Schaden anrichten. Bei einer Massenvermehrung entwickeln sich die Raupen auf vielen kleinen Flächen gleichzeitig, so dass ganze Regionen zu einem Befallsgebiet zusammengefasst werden. Im Folgejahr kann man allerdings wegen der erstaunlichen Regenerationsfähigkeit der Kiefer kaum noch Spuren des Kahlfraßes feststellen. Die geschwächten Bäume können jedoch leichter von so genannten Sekundärschädlingen befallen werden. Dazu zählen u. a. Borkenkäfer und Rüsselkäferarten aus der Gattung Pissodes.[5]

Ein historischer Bericht stammt aus dem Jahr 1777 und berichtet über einen Befall im Groß-Schönebecker Forst (Brandenburg). Der letzte bekannte Befall wurde 2001 in Polen registriert.

[1] Kieferneule, Online auf biologie-seite.de, Zugriff am 10.11.2020

[2] FVA Publikation: "Die Kiefern- oder Forleule", Online auf waldwissen.net, Zugriff am 10.11.2020