H) Risikobewusstsein

Dass eine Anpassung der Wälder an klimatische Veränderungen bereits heute notwendig ist und bestimmte Handlungsmaßnahmen erfordert, ist durch unabhängige wissenschaftliche Forschungsgremien belegt. Das Verständnis hierüber wird als Risikobewusstsein beschrieben. In der Forstpraxis kann ein Bewusstsein über bestimmte Risiken jedoch durch bestimmte Faktoren gehemmt werden. Man spricht hier von Hemmnissen.

Welche Hemmnisse hindern uns an der Klimawandelanpassung?

Um ein präventives Krisenmanagement bzw. Adaptionsmaßnahmen an den Klimawandel umzusetzen, ist es wichtig ein Verständnis über die Ursachen der verschiedenen Hemmnisse zu gewinnen.

Abbildung 1: Kategorien der Hemnisse im Kontekt Risikobewusstsein (Quelle © KoNeKKTiW, FVA BW, angepasst, Original von Yvonne Hengst-Ehrhart)

Wirtschaftliche Hemmnisse

Wirtschaftliche Hemmnisse in der forstlichen Praxis bedeuten die möglichen Investitions- und Ressourceneinsatz zur Umsetzung bestimmter Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel. So wird beispielsweise durch die Auswahl bestimmter Baumarten durch Pflanzung mit Pflanzgut aus Baumschulen zur Bestandesbegründung kurfristig eine größere Investition notwendig. Langfristig stellen diese Pflanzungen jedoch ggf. positive Mehrerträge dar und können als Risikovermeidungskosten dar.

Umwelthemmnisse

Im Forstbereich stellen die natürlichen Prozesse der Umwelt, d.h. das Wuchsverhalten von Bäumen und der Vegetation ebenso Hürden dar. Diese werden als Umwelthemmnisse bezeichnet. Durch die Langrfristigkeit der Produktion, d.h. längeren Produktionszeiträumen mit Umtriebszeiten von 100 bis 120 Jahren sind heutige Baumarten- und Konkurrenzverhältnisse häufig nicht mehr klimaangepasste Mischungen in der Zukunft. Durch die genannten natürlichen Prozesse sind forstliche Einflussmöglichkeiten häufig nur in den frühen Bestandesphasen, d.h. der Bestandesbegründung möglich. Handelt es sich bei den eigenen Beständen um fortgeschrittene Bestandesphasen ist das Risikominderungspotenzial gering (siehe Abbildung 2). Gerade bei der Umwandlung von Rein- zu Mischbeständen kann dieses Hemmnis verstärkt auftreten.

Abbildung 2: Entstehung von Umwelthemnissen (Quelle © KoNeKKTiW, FVA BW, angepasst, Original von Yvonne Hengst-Ehrhart)

Informationshemmnisse

Durch fehlendes oder nicht genutztes Wissen zum Thema Risiko- und Krisenmanagement entstehen häufig Informationshemmnisse da Großschadensereignisse, wie z.B. der Sturm Lothar Seltenheitswert haben und damit Erfahrungswissen nicht weitergegeben wird. In Krisenfällen nimmt im Vergleich zu „Normalzeiten“ das Interesse an um Wissen zu Schadereignissen stark zu. Gerade präventive Maßnahmen bieten jedoch ein großes Potenzial, dass während der „Normalzeiten“ umgesetzt werden muss.

Psychosoziale Hemmnisse

Klimaveränderungen sind oft nicht direkt sichtbar, sondern werden durch beispielsweise Wetterschwankungen überlagert. Diese Veränderungen finden oft schleichend und langsam statt. Daher entsteht die Problematik diese Veränderungen nicht wahrzunehmen bzw. zu erkennen. Großschadereignisse (z.B. Stürme, Großkalamitäten) mit stark negativen Einfluss lösen somit Handlungsdynamiken aus. In der forstlichen Praxis liegen zwischen der Einleitung und den Folgen tatsächlicher (Klimawandel-) Anpassungsmaßnahmen jedoch oft Jahre oder Jahrzehnte. Diese Problematik führt insbesondere in krisenarmen Zeiten zu Problemen, da die Problematik vermeintlich nicht wahrgenommen wird.

Politische Hemmnisse

Hier stellen Interessenskonflikte das Problem dar. Konkrete Maßnahmen zur Klimawandelanpassung sind in der Regel mit finanziellem Aufwand verbunden. Hier ist der Effekt nicht direkt sichtbar, weswegen Maßnahmen zur Schadprävention im Vergleich zu konkreten Maßnahmen im Krisenfall (z.B. Sturm, Großkalamität) weniger Anwendung. Die konkrete Situation hat für die politischen Entscheidungsträger oft einen höheren Nutzen.

Abbildung 3: Beispiel Zielkonflikte (Quelle © KoNeKKTiW, FVA BW, angepasst, Original von Yvonne Hengst-Ehrhart)

Gleichzeitig können Zielkonflikte zwischen forstlichen Interessensgruppen entstehen. So stehen den Maßnahmen zur Risikominderung oft andere forstlichen Bewirtschaftungsziele und damit Interessen gegenüber. So können z.B. naturschutzfachliche Interessen (z.B. die Erhöhung des Anteils alter Bestände und Bestandesphasen) und wirtschaftlichen Interessen (z.B. einer „billigen“ Naturverjüngung mit Fichte) im Widerspruch mit Adaptionsmaßnahmen wie der Bestandeshöhenbegrenzung infolge kürzerer Umtriebszeiten und der Wahl klimatisch besser angepasster Baumarten in Mischbeständen.

Quellen:

Hengst-Ehrhart, Yvonne (2020); Vom Wissen zum Wollen (Teil 1); Originalartikel auf Basis der Projektergebnisse von KoNeKKTiW (Kompetenz-Netzwerk Klimawandel, Krisenmanagement und Transformation in Waldökosystemen)