Informationen, Handlungsempfehlungen und Strategien zur Vorbereitung auf den Sturm und Nachbereitung eines Sturmereignisses werden in diesem Bereich vorgehalten. Ob nun Orkan oder Sturm, dieses Thema zählt derzeit und vermutlich auch in der Zukunft zu den brisantesten und am intensivsten diskutierten Themen im Bereich der Forstwirtschaft.
Von einem Sturm spricht man bei einer Mindestgeschwindigkeit von etwa 75 km/h. Ein Orkan ist bei knapp 118 km/h erreicht. Stürme entstehen häufig, wenn kalte Luftmassen aus der Polarregion mit warmen Luftmassen aus südlichen Regionen aufeinandertreffen. In Mitteleuropa kommt es meist im Herbst und Winter zu starken Sturmereignissen, da in diesen Jahreszeiten, die Temperaturunterschiede zwischen Nord und Süd besonders groß sind. [1; 2]
Gerade im Fall von Winterstürmen sind Nadelbäume stärker betroffen. Im Gegensatz zu den im Winter unbelaubten Laubbäumen bieten Nadelbäume eine größere Angriffsfläche für Wind. Fichte, Tanne und Douglasie sind besonders anfällig. Eine Laubbaum-Beimischung von 10-20% erhöht die Bestandesstabilität. Baumartendiversifizierung heißt hier das Zauberwort. An dieser Stelle sei auf den Artikel Vanilleeis und Glühwein – Wirtschaften mit der Douglasie verwiesen, welcher sich mit den Auswirkungen der Baumarten- und Eigenschaftsdiversifizierung auf gesamtbetrieblicher Ebene befasst. [3]
Mit Zunahme der Höhe steigt die Sturmanfälligkeit. Ab 20 Metern Höhe steigt diese drastisch an, ab etwa 30 Metern Höhe bleibt sie gleich. Auch das Alter spielt eine Rolle. Untersuchungen haben gezeigt, dass beim Orkan Lothar 1999 besonders Fichtenbestände im Alter von 60-120 in besonderem Maße betroffen waren.
Abbildung 1:Einflussfaktor Baumhöhe (Quelle: [4] Projekt KoNeKKTiW, FVA-BW, Markus Lohr)
Ein- und zweischichtige Bestände sind anfälliger gegenüber Sturm als diejenigen, die strukturreich und mehrschichtig aufgebaut sind. An den Stufen entstehen mehr und feinere Verwirbelungen, welche die Windlast gleichmäßiger verteilen. Plenterwaldstrukturen sind am stabilsten und vermindern durch die stetig laufenden Verjüngungsprozesse auch die Gefahr nach einem Sturmereignis vor einer Kahlfläche zu stehen.
Durchforstungsmaßnahmen wirken einige Jahre stabilitätsmindernd auf Bestände, da Lücken entstehen und die Stützfunktion benachbarter Bäume erstmal wegfällt.
Förderung der Verjüngung. Das hat zwei Vorteile. Erstens bildet Naturverjüngung bessere Wurzeln aus als gepflanzte Bäume. Zweitens stellt Naturverjüngung die kostengünstige, gesicherte nächste Bestandesgeneration dar. Auch eine frühe Z-Baumauswahl wirkt sich stabilisierend auf den Bestand aus, da durch eine frühe Freistellung das Wurzelwachstum gefördert wird. Da Altbestände nachweislich stärker betroffen sind, sollte man von einer zu hohen Vorratshaltung absehen und hiebsreife Bestände besser nutzen, bevor der Sturm einen zur Nutzung zwingt. [5]
Nach einem Sturmereignis wird eine ganze Reihe von Maßnahmen ins Rollen gebracht, die hier kurz gefasst als Ablaufplan dargestellt werden. Für weitere und detailliertere Informationen dient das Handbuch Sturm auf waldwissen.net. Während eines Sturms geht es darum Ruhe zu bewahren und die nötigen Verkehrssicherungsmaßnahmen durchzuführen. Kurz nach dem Sturm sollte man den planmäßigen Einschlag einstellen, sich ein erstes grobes Bild vom Schadausmaß machen sowie die Verkehrswege wieder öffnen, falls möglich. Sind mehr als drei Tage seit dem Sturmereignis vergangen gilt es von der Groberhebung in die Feinerhebung (Formular Feinerhebung [6]) zu gehen und sich mit Kollegen und Kolleginnen auszutauschen, um einen Überblick über das gesamte regionale Schadgeschehen zu bekommen.
Wichtig hierbei ist der Informationsaustausch zwischen und eine Strategieplanung mit Waldbesitzenden, FBGn etc., um eine kopflose und übereilte Herangehensweise zu vermeiden. Auf Bundeslandebene gilt es den landesweiten Sturmholzanfall zu ermitteln, die Bedeutung des Ereignisses einzuschätzen und die Öffentlichkeit zu informieren. Weitere Schritte, wie Aufarbeitungs- und Finanzplanung und Ermittlung von Fördermöglichkeiten folgen. (Link zur Checkliste Sofortmaßnahmen oder direkt das pdf hier mit Link sichtbar machen [7]) Forstschäden-Ausgleichsgesetz: Nach einem regional oder auf Bundeslandebene bedeutsamen Sturmereignis, besteht die Möglichkeit einen Antrag auf Grundlage des Forstschäden-Ausgleichgesetzes in den Bundesrat einzubringen. Das Gesetz bezweckt durch eine Beschränkung des Holzeinschlages in allen Bundesländern über das gesamte Forstwirtschaftsjahr ein Überangebot an Rohholz auf dem Markt in Teilen zu kompensieren.
Gründung einer Solidargemeinschaft: Um eine Solidargemeinschaft gründen zu können müssen eine gewisse Sturmholzmenge in der Region sowie bestimmte Eigentums- und Strukturverhältnisse gegeben sein. Die Teilnahme an der Solidargemeinschaft muss auf freiwilliger Basis erfolgen. Die angebotenen Dienstleistungen müssen den Ansprüchen der Solidargemeinschaft entsprechen, dementsprechend motiviert und belastbar müssen die Mitarbeitenden des Forstamts und der FBGn sein, um diesen Herausforderungen über mehrere Jahre gerecht zu werden. Die Solidargemeinschaft wird aus dem staatlichen Forstamt/ UFB, der FBG und waldbesitzenden Kommunen gebildet. Ziele einer Solidargemeinschaft sind: Vorfinanzierung der Aufarbeitung und Nasslagerung der Sturmhölzer als Kernaufgaben; geordnete Durchführung und Übernahme der Aufarbeitung (gerade für Privatwaldbesitzende, die aus verschiedenen Gründen nicht in der Lage sind gegen Kostenersatz); Bündelung und gemeinsame Vermarktung der angefallenen Holzmengen; Vermeidung von kopflosen Handeln und Panikverkäufen. Um schnellstmöglich finanziell und waldbaulich wieder auf die Füße zu kommen, gibt es nach einem Sturmereignis die verschiedensten Fördermöglichkeiten. Hier [8] beispielhaft die Förderungen für Baden-Württembergische Waldbesitzende nach dem Sturm „Lothar“.
Vorhersagen zum Sturmgeschehen in Zeiten des Klimawandels sind mit großen Unsicherheiten behaftet. Das Sturmgeschehen und auch der Schaden durch Stürme haben in Europa in den letzten Jahrzehnten zugenommen, aber der Beitrag des beobachteten Klimawandels zu dieser Entwicklung ist noch unklar. Dennoch gibt es Prognosen des Weltklimarats (IPCC) zum Sturmgeschehen unter verschiedenen Szenarien. Diese verzeichnen einen Anstieg von Sturmschäden zwischen 8-19% für westdeutsche Waldgebiete in der Periode 2060-2100 im Vergleich mit den Jahren 1960-2000. Das höchste Ausmaß wird für Gebirgsregionen vorhergesagt. [9]
[1] Naturgewalten Stürme, Martin Rosenberg & Annika Franck, Online auf planet-wissen.de, Zugriff am 24.09.2020
[2] Wikipedia-Artikel zu Sturm, Online auf wikipedia.org, Zugriff am 24.09.2020
[3] Vanilleeis und Glühwein – Wirtschaften mit der Douglasie, Christoph Hartebrodt & Yvonne Chtioui, Online auf waldwissen.net, Zugriff am 24.09.2020
[4] Lohr, Markus (2020); Fichtenbewirtschaftung in Zeiten des Klimawandels; Originalartikel auf Basis der Projektergebnisse von KoNeKKTiW (Kompetenz-Netzwerk Klimawandel, Krisenmanagement und Transformation in Waldökosystemen)
[5] Wie senke ich das Sturmrisiko meines Waldes, Susanne Kaulfuß, Online auf waldwissen.net, Zugriff am 24.09.2020
[6] Feinerhebung der Sturmholzflächen, verändert nach Schweizer Sturmschadenshandbuch (1993) - BUWAL, Online auf waldwissen.net, Zugriff am 24.09.2020
[7] Sturmereignis – Erste Maßnahmen, Online auf waldwissen.net, Zugriff am 24.03.2021
[8] Fördermöglichkeiten und Steuerermäßigungen nach Sturmereignissen, Online auf waldwissen.net, Zugriff am 24.03.2021
[9] Kovats et al. (2014), Online auf ipcc.ch, Zugriff am 24.09.2020