Um in Zeiten des Klimawandels waldbaulich und wirtschaftlich mit dem eigenen Wald für die Zukunft gut aufgestellt zu sein, empfiehlt es sich gerade im Hinblick auf mögliche Pflanzungen und der Planung der Naturverjüngung, d.h. der waldbaulichen Behandlung die aktuelle Baumartenzusammensetzung zu überprüfen. Gerade Standorte mit Monokulturen sind hier besonders gefährdet durch Veränderungen des Klimas in wenigen Jahrzehnten zunehmenden Klimaextremen, wie z.B. Trockenstress zum Opfer zu fallen.
Im Artikel Kriterien für die Baumartenwahl werden konkrete „Werkzeuge“ nach waldbaulichen Kriterien zur Baumartenwahl aufgeteilt, vorgestellt. In diesem Artikel wird hier eine Auswahl dieser Vielzahl an „Werkzeugen“ aufgegriffen, um den Mehrwert gerade für private Waldbesitzende in der praktischen Anwendung zu erklären.
Für die jeweiligen Baumarten stehen hier sogenannte Ökogramme zur Verfügung mit deren Hilfe sich der ökologische Optimumsbereich einer Baumart ausgeben lässt. Da diese Ökogramme eher eine Einordnung für einen bestimmten Standort darstellen, dienen diese als Basis zur Ermittlung er Eignung.
Der nächste Schritt ist nun die Anwendung von sogenannten Klimakarten. Diese können kostenfrei über das Portal Klimafolgenonline.com abgerufen werden und bieten Informationen zu verschiedenen Klimaparametern nach bestimmten Zeiträumen (z.B. die Jahre 1991 – 2000). Außerdem lassen sich die Zeiträume nach Klimaszenarien (z.B. RCP 8.5 Szenario) und nach deren Eintrittswahrscheinlichkeiten ausgeben.
Über die Suchfunktion der Website Klimafolgenonline.com wird zunächst der Standort bestimmt. Im nächsten Schritt wird dann das Klimaszenario (hier: RCP 8.5) ausgewählt und je zwei Zeiträume (1991-2000 und 2091 – 2100) ausgegeben. Die ausgegebene Tabelle mit den markierten Werten (siehe Abbildung 1) bietet hier die Grundlage zur Anwendung in sogenannten „Klimahüllen“. Ein Klimaszenario prognostiziert dabei die zukünftigen Klimaveränderungen auf Basis wissenschaftlicher fundierter Forschung. Das RCP 8.5 Szenario geht dabei von einer starken klimatischen Veränderungen infolge menschlicher Aktivitäten aus und gitl aktuell als das realististische Szenario. Weitere Information zu Klimaszenarien finden Sie hier.
Abbildung 1: Klimaparameter für den Beispielstandort Freiburg (Quelle, verändert: https://www.klimafolgenonline.com/)
Klimahüllen sind zweidimensionale Häufigkeitsverteilungen von Jahresdurchschnittstemperatur und Jahresniederschlagssumme. Diese Klimadiagramme bilden den gesamten „Wohlfühlbereich“ einer Baumart und im Verhältnis dazu die gegenwärtigen und zukünftigen klimatischen Bedingungen in Deutschland ab. Die Klimaparameter des Beispielstandorts (siehe Abbildung 1) lassen sich hier direkt in die Klimahüllen übertragen und damit die gegenwärtigen (Zeitraum 1991 – 2000) und zukünftigen Bedingungen (Zeitraum 2091 - 2100, RCP 8.5 Szenario) auf einen Blick darstellen. In diesem Fall wurden die beiden Baumarten Fichte und Traubeneiche gewählt und die Klimaparameter jeweils in deren Klimahüllen übertragen (siehe Abbildung 2).
Abbildung 2: Die Klimahüllen der Baumarten Fichte und Traubeneiche im Vergleich (Quelle; verändert: https://www.lwf.bayern.de/mam/cms04/boden-klima/dateien/afz-klimahuellen-fuer-27-baumarten.pdf)
Der Vergleich der beiden Klimahüllen zeigt hier, dass die Fichte für den Beispielstandort bereits heute in ihrem standörtlichen Grenzbereich liegt und in Zukunft für den Standort nicht mehr geeignet sein wird. Die Traubeneiche hingegen ist heute noch am Beispielstandort geeignet und liegt für das prognostizierte Klima in 100 Jahren an Ihrem äußeren Grenzbereich. Die Traubeneiche ist damit für den Beispielstandort besser geeignet. Diese Erkenntnis sollte jetzt in waldbauliche Aktivitäten, wie Pflanzungen oder der Förderung von Naturverjüngung übertragen werden, sprich neben der Fichte weitere Baumarten zu fördern und diese gezielt in Mischung einzubringen. Weitere Vorteile zur Mischung in Waldbeständen erfahren Sie hier.
Die Klimahüllen stellen ein grundsätzliches Werkzeug zur Bestimmung des eigenen Standorts dar. Klimahüllen berücksichtigen hier „abiotische Faktoren“, d.h. die äußeren Faktoren wie Sturm, Trockenheit und Niederschlag. Die Konkurrenzkraft, Stabilität auch gegenüber biotischen Faktoren, wie z.B. Insektenbefall, Leistung und Pfleglichkeit werden hier nicht berücksichtigt. Diese sind aber wichtige Merkmale für die Anwendung waldbaulicher Maßnahmen.
Diese Baumarteneignungskarten stehen je nach Bundesland in unterschiedlich ausgeprägter Darreichungsform zur Verfügung. Besonders umfangreich und aufgegliedert sind hier die Baumarteneignungskarten des Landes Baden-Württemberg, welche Eignungskarten für die Hauptbaumarten Fichte, Tanne, Buche und Traubeneiche abbilden. Diese Karten bilden zwar nur die Staatswaldflächen ab. Für private Waldflächen, die direkt an Staatswaldflächen angrenzen können hier Eignungen abgeleitet werden.
Nach der Bestimmung des Standortspotenzials und in diesem Fall der Erkenntnis, dass die Fichte keine Zukunft am Beispielstandort haben wird, müssen nun neue waldbauliche Ziele festgelegt werden. Diese hängen dabei immer stark von den individuellen Umständen, d.h. Größe der Waldfläche, Exposition und den Zielen für den eigenen Wald ab.
- Anreicherung mit mehr Baumarten - Mischbestände
- Prüfung des eigenen Standorts: Möglicherweise Wahl einer klimatisch besser angepassten Baumart
- Beimischung von zukünftig klimatisch besser angepassten Baumarten
- Optional: Die Anwendung von Artensteckbriefen zur Auswahl von nicht-heimischen trockenheitsresistenten Baumarten
Westhauser, Aaron (2020) Kriterien für die Baumartenwahl, Originalartikel auf Basis der Projektergebnisse von KoNeKKTiW (Kompetenz-Netzwerk Klimawandel, Krisenmanagement und Transformation in Waldökosystemen)