Der „Baum des Jahres“ 2014, die Traubeneiche (Quercus petraea Liebl.), kommt überwiegend in Mitteleuropa vor und viele Lebewesen - vom Mikroorganismus bis zum Säugetier - nutzen sie als Lebensraum. Mehr als 300 Flechten, 400 Insektenspezies sowie eine Vielzahl an Vögeln und Säugetieren sowie zahlreiche Groß- und Mikropilze werden mit der Baumart in Verbindung gebracht. Allerdings mögen auch eine Vielzahl von Schädlingen und Krankheitserregern die Traubeneiche und sie gefährden den Vitalitätszustand der langlebigen Eichenart.[1]
Das natürliche Verbreitungsgebiet der Traubeneiche ist geschätzt nur halb so groß wie das der Stieleiche (Q. robur L.). Zwar sind beides Lichtbaumarten und hinsichtlich Nährstoffversorgung nicht allzu anspruchsvoll, doch unterscheiden sich die Wasserhaushalte der natürlichen Standorte. So stockt die Traubeneiche auf eher trockenen Lehmsand- und Sandsteinverwitterungsböden und ist daher nicht nur attraktiv für die Wertholzproduktion, sondern auch für den naturnahen Waldumbau. Zum Beispiel wird sie in Norddeutschland auf frischen und mittelfrischen terrestrischen Standorten in den durch Waldbrand und Insektenfraß gefährdeten Kiefern-Reinbeständen gepflanzt, mit dem Ziel, langfristig u. a. die Häufigkeit und Intensität von Insektenbefall zu reduzieren.[1]
Verbeißen sich Schalenwildarten über mehrere Jahre an einem Eichenbestand, führt dies zu Verbuschung. Außerdem wachsen die Bäume nicht mehr gut in die Höhe und die Form kann beeinträchtigt werden. Insgesamt weisen Eichen aber eine hohe Regenerationsfähigkeit auf.[1]
Mäuseschäden, die bspw. der Buche massiv zusetzen, sind an der Eiche deutlich weniger zu beobachten.[1]
Viele Schmetterlingslarven ernähren sich von den Blättern, manche zusätzlich von Blüten. Desweitern schädigen ca. 20 Insektenarten der Gattungen Andricus, Cynips und Neuroterus durch Gallbildungen Blüten. Gallen sind abnorme Veränderungen von Pflanzenteilen wie Wucherungen, Verdickungen oder blasige Gebilde auf Blättern, an Stängeln oder Wurzeln. Dazu gehören auch Gallen an Eicheln beziehungsweise deren Fruchtbechern. Andere Insektenarten wie bspw. der Eichelbohrer (Curculio glandium) entwickeln die Larven in der Eichel. Treffen die Schadwirkungen der genannten Arten mit ungünstigen Klimafaktoren zusammen, kann die Eichelmast trotz starker Blüte gering ausfallen.[1]
Ernsthaft gefährdet wird die Eiche von der sogenannten Frühjahrsfraßgesellschaft, zu der die Larven des Großen Frostspanners (Erannis defoliaria), des Kleinen Frostspanners (Operophtera brumata), des Eichenwicklers (Tortrix viridana), verschiedener Frühlingseulen (z. B. Orthosia spp.) und seit einigen Jahren auch des Eichenprozessionsspinners (Thaumetopoea processionea) zählen. Gemeinsam mit dem Schwammspinner (Lymantria dispar), der zu den gefährlichsten Eichenschädlingen zählt, stellen sie die bedeutendsten Einflussfaktoren der Eichen-Komplexkrankheit dar. Die Larven fressen hauptsächlich im Frühjahr (April / Mai) nach dem Schlupf an den aufbrechenden Blatt- und Blütenknospen, die polyphagen (= „allesfressenden“) Eichenschädlinge (Großer Frostspanner, Kleiner Frostspanner und Schwammspinner) später dann auch an den Blättern. Das Ganze kann die Ausmaße flächenhaften Kahlfraßes annehmen.[1]
Der Grüne Eichenwickler (Tortrix viridana) ist aus forstlicher Sicht einer der bedeutendsten Blattwickler und zählt zu den Eichenspezialisten. Seine Larven starten erst mit den leicht geöffneten Blattknospen, bevor sie in den Blättern fressen, die sie selber zu sogenannten Blattwickeln zusammengerollt und eingesponnen haben. In den versponnenen Blattresten am Baum verpuppen sich die Larven auch. Es erfolgt noch im gleichen Jahr ein neuer Austrieb (sogenannter Johannistrieb), so dass auch wiederholter Kahlfraß nicht zwingend zum Absterben der Bäume führt - solange die Eiche nicht in den Vorjahren bereits Vitalitätseinbußen durch größere Schädigungen erlitten hat. Folgen in Form von Zuwachsverlusten, Wasserreiserbildungen, Ausfall der Masten und zusätzliche Gefährdungen durch abiotische Faktoren sind nichtsdestotrotz zu erwarten.[1]
Erst seit einigen Jahren tritt der Eichenprozessionsspinner massiv in Erscheinung. Der Name leitet sich davon ab, dass die Larven zur Nahrungsaufnahme ein- oder mehrreihig in die Eichenkronen prozessieren. Es handelt sich um einen Forstschädling, der sich massenhaft vermehren kann. Durch mehrjährig starken Fraß kommt es zu Ausfällen und Vitalitätseinbußen, außerdem werden die Bäume anfälliger für Sekundärschädlinge. Bedenklich ist insbesondere auch die Gesundheitsgefährdung für den Menschen. Die Körperstellen, in denen die sogenannten „Spiegelhaare“ stecken bleiben (werden ab dem 3. Larvenstadium gebildet), reagieren oft mit Juckreiz auf den Kontakt mit den Härchen. Die Härchen sind deshalb so gefährlich, weil sie leicht mit dem Wind transportiert werden und auch in den Gespinstnestern liegen bleiben können.[1]
Stamm- und Astschädlinge an der Eiche verursachen vorrangig technische Holzschäden und bringen eher selten (als Folgeschädlinge) lebende, geschwächte Bäume zum Absterben.[1]
Zu ihnen zählen:
Eichensaatgut wird von vielen Mikropilzen besiedelt. Der Grund liegt zum einen im hohen Nährstoffgehalt und in der hohen Feuchtigkeit, zum anderen daran, dass es in der Regel vom Waldboden aufgesammelt wird. Am schädlichsten ist der Schlauchpilz Ciboria batschiana. Er infiziert die Eicheln auf dem Waldboden und löst an ihnen die sogenannte Schwarze Eichelfäule aus, die im ungünstigsten Fall komplette Saatgutpartien oder Saaten zerstört.[1]
Bei 1- bis 3-jährigen Eichenpflanzen können der "Eichen-Wurzeltöter" (Rosellinia quercina) sowie diverse Phytophthora- oder Pythium-Arten die Wurzeln befallen und bedeutende Schäden bewirken. Desweiteren können - insbesondere auf stark vernässten Böden und nach vorangehender Schwächung - auch die Pilze Cylindrocladium destructans und Fusarium oxysporum die Eichenpflanzen schädigen.[1]
Seit 1907 hat sich der Eichenmehltau (Erysiphe alphitoides) als Blattkrankheit an den heimischen Eichen in ganz Europa epidemisch ausgebreitet und verstetigt. Der Schlauchpilz bildet auf Blattoberflächen sowie grünen Trieben mehlartige Beläge und schädigt vorrangig Sämlinge, Jungpflanzen und die Johannistriebe an älteren Bäumen. Diese erleiden Zuwachsverluste und eine erhöhte Frostempfindlichkeit. In den Frühjahrs- und Sommermonaten verbreitet sich der Mehltau mithilfe seiner ungeschlechtlichen Fruchtform, im Spätsommer und Herbst auf geschlechtlichem Weg. Bei letzteren werden kugelige Fruchtkörper gebildet, die auf dem Altlaub überwintern und im Frühjahr die Eiche über das Junglaub erneut infizieren können. Auch überdauert der Pilz in milden Wintern (in Myzelform) in Knospenschuppen. Bei der unten beschriebenen „Eichenkomplexerkrankung“ gilt der Eichenmehltau als „schadensverstärkender“ Faktor.[1]
Auch der Schlauchpilz "Apiognomonia quercina„ kommt an der Eiche vor - sowohl endophytisch (dabei dringt sein Myzel in das Blattgewebe der Wirtspflanze ein) als auch parasitisch. Die Aktivität von Gallwespen (bspw. der Gattung Neuroterus oder Andricus) kann eine parasitische Phase in den Blättern auslösen, wobei die Insekten das Wachstum und die Fruchtbildung des Pilzes anregen, was wiederum eine Unterversorgung sowie schlussendlich das Absterben der Gallen verursacht. Zudem erzeugt der Pilz entlang von Blattadern unregelmäßig geformte Nekrosen mit den typischen Symptomen einer Blattbräune. Die Verbreitung in der Vegetationsperiode erfolgt wie beim Mehltau (s. o.) mit Hilfe diverser ungeschlechtlicher Sporen sowie die Neuinfektionen des Laubes im folgenden Frühjahr vorwiegend durch die geschlechtliche Fruchtform.[1]
Mit dem Parasitismus des Schlauchpilzes hängt auch das Krankheitsbild eines Eichen-Rindenbrandes (Fusicoccum quercus) zusammen, welcher insbesondere für Baumschulen und junge Reinbestände (bis etwa Stangenholzalter) auf sandigen und frostgefährdeten Standorten zum Problem werden kann. Der einjährige Rindenbrand zeigt sich in Form elliptischer, rötlich-gelber Verletzung in der Rinde, deren Ausgangspunkt häufig ein Zweigansatz ist. Schafft die Abwehr des Baumes es nicht, die ab dem Frühjahr sichtbaren Nekrosen im Verlauf des Jahres vollständig einzugrenzen oder zu überwallen, kann sich das Krankheitsbild im ungünstigen Fall zu einem mehrjährigen Rindenkrebs auswachsen sowie bei Schädigung von Ast bzw. stammumgreifender Rinde zum Absterben oberhalb gelegener Pflanzenteile führen. Auf der Rinde entstehen auf ungeschlechtlichem Wege Sporen des oben beschriebenen Schlauchpilz-Komplexes von "Apiognomonia quercina“ in stromatischen (aus stützendem Gewebe bestehenden) Fruchtkörpern.[1]
An Traubeneichen sind auch eine Vielzahl mehr oder weniger spezialisierter Holzfäuleerreger zu finden. Der Ständerpilz „Eichenfeuerschwamm“ (Phellinus robustus) ist hier als typischer Vertreter anzusehen. Er wächst über Astwunden in das Holz ein und ruft eine Form der Weißfäule hervor. Die mehrjährigen, konsolenförmigen Pilz-Fruchtkörper sind von auffallend fester Konsistenz. Die üblicherweise gräulich-braunen Oberseiten mit heller Zuwachszone werden häufig von Algen besiedelt, wohingegen die Porenschicht der Unterseiten zimtbraun ist. Greift der Pilz das Kambium (= Schicht zwischen Borke, Bast und Holz) an, kommt es zu einem teilweisen Ausfall des Jahrrings und neben der Holzfäule entstehen flächige Rindeneinsenkungen sowie offene Krebswunden (auch „Krebsfäule“ genannt).[1]
Der Mosaikschichtpilz (Xylobolus frustulatus) ist ein relativ seltener Besiedler von alten, sowohl noch lebenden als auch schon abgestorbenen Eichen. Der Pilz ist deshalb so bemerkenswert, weil er selektiv Lignin (aus dem Lateinischen: lignum = Holz) abbaut, was Pflanzen ihre Form und Stabilität verleiht. Dieser Ligninabbau führt zu einer besonderen Form der Weißfäule. Sie wird Weißlochfäule genannt, durch die das Kernholz löchrig-weißfleckig erscheint („Rebhuhnholz“) und wodurch unter Umständen ein wirtschaftlicher Schaden an Wertholzstämmen entsteht.[1]
Der Leberpilz (Fistulina hepatica) - auch als Ochsenzunge bezeichnet - ist ein ebenfalls erwähnenswerter Ständerpilz, der blut- bis braunrote, zungen- oder leberförmige Fruchtkörper an vorwiegend älteren Eichen ausbildet. Er erregt in deren Kernholz eine Braunfäule. Im Zuge seiner anfänglichen Besiedlung beeinträchtigt der Pilz die Stabilität des Holzes nur geringfügig, weshalb die durch eine rotbraune Holzverfärbung gekennzeichnete Phase auch als „Hartröte“ bezeichnet wird.[1]
Auch pilzähnliche Feinwurzelzerstörer der Gattungen Pythium und Phytophthora treten an Eichen auf - teilweise in die unten beschriebene Eichenkomplexerkrankung integriert, teilweise aber auch unabhängig davon. Diese Mikroorganismen zählen zu den sogenannten Eipilzen (Oomyceten) und können über intaktes Abschlussgewebe Bäume jeden Entwicklungsstadiums infizieren sowie lebensbedrohlich schädigen. Es kommt zur „Wurzel- oder Wurzelhalsfäule“, wobei aber innerhalb dieses Krankheitsbildes kein Lignin- oder Zelluloseabbau, d. h. keine Holzzerstörung stattfindet, da ausschließlich lebendes Gewebe besiedelt wird.[1]
Das in Wellen unterschiedlich intensiv und regelmäßig auftretende „Eichensterben“ hält seit den 1980ern die Forstwirtschaft in Atem. Dieses zeigt sich in lichter werdenden und zurücksterbenden Oberkronen, büscheligen Restbelaubungen und Degenerationen der Wurzeln sowie Rinden- bzw. Bastnekrosen mit Schleimfluss.[1]
Dabei sind mehrere Ursachen am Schadgeschehen beteiligt. Sie wirken komplex zusammen und lassen sich in prädisponierende (= anfällig machende), schadensauslösende, schadensverstärkende und begleitende Faktoren unterscheiden - sowohl abiotischen als auch biotischen Ursprungs.
Dabei definieren die Prädispositionsfaktoren bestimmte Grundbedingungen wie z. B. Baumalter oder genetisch bedingte Empfindlichkeit.[1]
Liegen diese vor gibt es diverse Schadensauslöser, die den Schadprozess in Gang setzen:
Dazu gesellen sich verschiedene Schadensverstärker:
Zu den begleitenden Faktoren zählen verschiedene nutznießende Käfer- und Pilzarten, die den Krankheitsprozess nicht mehr maßgeblich beeinflussen.[1]
Der (seit Mitte der 1990er) in den USA für das Eichensterben verantwortliche Erreger Phytophthora ramorum trat in Europa bislang nicht an Eichen, sondern eher an Rhododendron-Arten auf. Obwohl Eichen aktuell hierzulande keine Wirte für Phytophtera ramorum sind, gibt es seitens der EU Notmaßnahmen zum Schutz vor einer Ein- und Verschleppung dieses Schadorganismus, da man ein Szenario wie in den USA verhindern möchte.[1]
Erfolgreiche Quarantänemaßnahmen haben in Europa bislang die Verbreitung des Pilzes Ceratocystis fagacearum unterbinden können und damit einhergehend auch die ebenfalls in den USA für starke Schäden bekannte „Amerikanische Eichenwelke“. Da sich der Pilz über Insekten ausbreitet, für die auch in Deutschland heimische Insekten potentiell in Frage kämen, sind die Vorgaben im Rahmen der Quarantänemaßnahmen essentiell, d. h. die Verwendung von Eichpflanzen ausschließlich aus befallsfreien Gebieten und die Begasung von Eichenrundholz in Rinde vor der Einfuhr aus den USA in die EU.[1]
Der Pilz Cryphonectria parsitica ist an Eichen nicht aktiv oder ansteckend, sondern verursacht vornehmlich an Esskastanien einen gefährlichen Rindenbrand. Da er aber an Eichen Fruchtstadien ausbilden und somit zu einer Ausbreitung der Krankheit beitragen kann, bestehen die für Esskastanien vorgesehenen Quarantäne-Regelungen analog auch für Eichen. Pflanzen zur Verbringung müssen bspw. aus befallsfreien Gebieten bzw. Erzeugungsorten stammen. Diese Quarantäne-Regelungen sind nicht nur im internationalen Warenverkehr, sondern auch innerhalb Deutschlands anzuwenden.[1]
Traubeneichen sind verglichen mit Stieleichen eher durch spät im Jahr auftretenden Frost gefährdet, da bei ihnen der Blattaustrieb im Frühjahr erst später beginnt. Kommt es über den Winter zu starken Frösten, kann dies den Bast (= zweite, unter der Borke liegende Schicht der Baumrinde) mit teilweise meterlangen Rindennekrosen überziehen.[1]
Bei großer Trockenheit nutzen Eichen den als „Kladoptosis“ bezeichneten Prozess der Zweigabgliederung. Dabei wird der Verzweigungsaufbau reguliert, Äste werden abgeworfen und dadurch die Teile der Eiche minimiert, die Photosynthese betreiben und in diesem Prozess Wasser abgeben. Dieser Prozess zeigt sich durch ganze Zweigabsprünge unter der Baumkrone.[1]
Bei Durchforstungen mit Freistellungen kann die Bildung von Wasserreisern das Eichenholz stark entwerten.[1]
Holzfehler, die ein Resultat aus überwallten Rindenschäden sind (mögliche Ursachen: Agrilus biguttatus, Spechtringelung, Gallmückenbefall) und erkennbare Narben im Stammquerschnitt hinterlassen, werden als „T-Krankheit“ bezeichnet.[1]
[1] Schadorganismen an der Traubeneiche, Online auf waldwissen.net, Zugriff 07.10.2020