Ökosystemdienstleistungen
Wälder in Deutschland bedecken 32 % der Fläche. Das meiste davon sind Wirtschaftswälder. Durch eine auf Multifunktionalität und lange Produktionszeiträume ausgelegte Forstwirtschaft bieten unsere Wälder jedoch außer dem Rohstoff Holz noch andere Leistungen, sogenannte Ökosystemleistungen: Wasserbereitstellung und Wasserreinigung, Bodenschutz und Luftreinigung, Klimaschutz/ CO2 Speicherung, Nicht-Holz Waldprodukte, aber auch Hochwasser und Lawinenschutz, Biodiversität (z.B. Vogelschutz) und einen Beitrag zur Erholung, Bildung und Gesundheit der Menschen.
Die Forstwirtschaft nutzt und unterstützt die Ökosystemleistungen des Waldes, durch verschiedene Maßnahmen, wie Mischwuchsregulierung, Natura-2000-Gebietsmanagment oder Alt- und Totholzkonzepte. Deshalb ist eine Abgrenzung zwischen den Ökosystemleistungen des Waldes und den Leistungen der Forstwirtschaft manchmal schwierig. Daraus ergibt sich die Frage: Welche Leistungen erbringt die Forstwirtschaft tatsächlich um Ökosystemleistungen zu unterstützen oder zu erhalten und was kostet das?
Leistungen der Forstwirtschaft
Die Gesellschaft erwartet von der Forstwirtschaft zunehmend Leistungen für den Naturschutz und die Erholungsnutzung. Für die Waldbewirtschaftung bedeutet dies eine stetige Erweiterung des Angebots (z.B. Natura-2000-Gebietsmanagement, Alt- und Totholzkonzepte, Erholungswald). Allerdings sind der genaue Umfang der zusätzlichen Leistungen und die damit verbundenen Mehrkosten nicht bekannt und werden in den meisten Buchungssystem nur unzureichend erfasst.
Das VIWALDI-Projekt (Visualisierung von Walddienstleistungen; FVA Baden-Württemberg Abteilung Forstökonomie) hat ermittelt, wo und in welchem Umfang zusätzlicher Aufwand für die Bereitstellung von Gemeinwohlleistungen erbracht wird. In den letzten vier Jahren wurden die Daten von 350 einzelnen Maßnahmen mit und ohne Naturschutz- und Erholungsaspekten aufgenommen. Arbeitsaufwand der Revierleitung (Stundenaufschriebe jeder aufgenommen Maßnahme), Holzerntekosten der Maßnahmen sowie Details zu den unterschiedlichen Ansprüchen auf der Fläche wurden aus 102 Revieren in 27 unteren Forstbehörden gesammelt und in ihrem Aufwand verglichen
Die Ergebnisse zeigen eine deutliche Zunahme des Arbeitsaufwandes bei Maßnahmen mit Naturschutz- und Erholungsaspekten und dem damit verbundenen erweiterten Aufgabenspektrum. Zusatzaufwand wie Flächenbegang mit Artenschutzexperten, Wanderwege umleiten oder Sperrungen veröffentlichen, steigern den Zeitaufwand für Planung und Vollzug teilweise fast auf das Doppelte. Zum Beispiel der Mehraufwand eine Habitatbaumgruppe einzulegen im Schnitt 1,5 Stunden. Holzerntemaßnahmen mit Verkehrssicherungsaspekten oder ökologischer Waldrandgestaltung können den zeitlichen Mehraufwand für die Revierleitung verdreifachen.
Die Anreicherung von Totholz im Bestand, Biotope, die zu schonen sind, oder Erholungseinrichtungen führen zu einem erhöhten Arbeitsaufwandbei der Holzernte im Bestand. Die Kosten der Holzernte zeigen einen offensichtlichen Anstieg bei Maßnahmen mit zusätzlichen Ansprüchen durch Ökosystemleistungen. Naturschutz und Erholungsaufgaben verteuern eine Holzerntemaßnahme im Schnitt um ca. 20%. Verkehrssicherungsaspekte sind sogar bis zu 40% teurer als reguläre Maßnahmen.
Von allen in VIWALDI aufgenommenen und verbuchten Maßnahmen mit Erholung und Verkehrssicherung waren bei nur 37 % diese auch detailliert verbucht. Bei Naturschutzaspekten wurden nur 9 % der Maßnahmen korrekt verbucht. Dies zeigt die Notwendigkeit, die Beiträge zu den Ökosystemleistungen in die Verbuchung zu integrieren, um die Leistungen der Forstwirtschaft in Zukunft besser sichtbar zu machen. Folgende Möglichkeiten können eine Integration der Ergebnisse ins Verbuchungssystem ermöglichen:
- Verbesserung der Buchungspraxis (durch Training),
- Voreinstellungen im Buchungssystem aufbauend auf den VIWALDI Ergebnissen oder
- Externes Monitoring, welches die Revierleitungen von der Last einer zunehmenden Dokumentationspflicht bewahren würde.
Außerdem zeigen die Ergebnisse der Studie, dass der Arbeitsaufwand in den Revieren, zusätzlich zu den Holzerntemaßnahmen, auch abhängig von Mehraufwand durch zusätzliche Ansprüche für Ökosystemleistungen ist. Das kann einen Einfluss auf die Reviergröße, oder die Arbeitsorganisation einer Forstbehörde haben.
Die erbrachten Ökosystemdienstleistungen insbesondere die Erholungsleistungen werden in staatlichen Wäldern im Auftrag des Landes als übertragener Wirkungskreis betrachtet und auch gesondert aus Steuermitteln finanziert. Warum gilt dieses nicht auch, wenn auch in deutlich kleinerem Maßstab, für den Privatwald, insbesondere, wenn der Aufwand durch Unterschutzstellungen und andere Waldkatastrophen (Trockenheit, Sturm, Käfer) mit nachfolgend viel Totholz im Wald stetig zunimmt? Die bisher weitgehend unentgeltliche Erbringung von Ökosystemdienstleistungen durch Privatforstbetriebe für die Gesellschaft soll nach Ansicht der Waldbesitzer zukünftig auch finanziell honoriert werden.
Hier ein Rechenmodell für eine Klimaleistungsprämie auf Basis des nicht energetisch genutzten Holzzuwachses:
- Preis pro Tonne CO2 = 25 € (CO2-Preis ab 2021)
- Leistungsprämie = 25 € / t CO2 x 4,5 = 112,50 €/ha/a. [3]
Siehe auch www.wald-ist-klimaschützer.de.
Die Ökosystemdienstleistungen des Waldes werden auch in einem Video der Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe für einen exemplarischen Hektar Wald veranschaulicht.
Quelle: Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR)
Das Video ist auf der Seite der FNR.verfügbar.
Kritische Stimmen lehnen eine pauschale staatliche Honorierung von Klimaschutzleistungen z.B. als ha-Prämie ab, da sie die Eigeninitiative der forstwirtschaftlichen Unternehmen zur Modernisierung von Prozessen und Strukturen mindere und gleichzeitig staatlichen Stellen wahrscheinlich ein weiteres Kontroll- und Mitspracherecht bei der Bewirtschaftung des Privatwaldes einräume. Sie bevorzugen statt dessen vertragliche Vereinbarungen zwischen Forstbetrieben und CO2-ausstoßenden Unternehmen, mit denen der Ausstoß des klimaschädlichen Gases durch die Bindung zusätzlichen Kohlendioxids durch die Forstbetriebe, z.B. durch Erstaufforstungen, die von den Emittenten finanziert werden, kompensiert wird. [2]
Quellen:
[1] Rosenberg, Alexander 2020: So lässt sich Gemeinwohl honorieren; Land & Forst Nr. 6/2020 S. 52 f.
[2] Giesen, Karl 2020: Staatliche Flächenprämie für Klimaschutz im Wald ist abzulehnen, Holz-Zentralblatt Nr. 30, S. 550.
[3] Mitze, Heidrun 2020: Eigentümer fordern Klimaschutzprämie für den Wald, Land & Forst Nr.37/2020 S. 47.
[4] Deutscher Forstwirtschaftsrat 2020: Berliner Erklärung