Wald geerbt? - Rechte und Pflichten des Waldeigentümers

Verkehrssicherungspflicht

Wer den Wald betritt, tut dies auf eigene Gefahr. Dies gilt auch für Waldwege. Das heißt, dass Waldbesitzer grundsätzlich für waldtypische Gefahren keiner Verkehrssicherungspflicht unterliegen [1], auch nicht für entsprechende Schäden bis hin zum Todesfall haften [2 S. 19] und grundsätzlich weder eine Baumkontrolle noch Gefahrenbeseitigung erforderlich sind [2 S. 26]. Dies ergibt sich aus dem Paragraph 14 Abs. 1 des Bundeswaldgesetzes und der entsprechenden Ländergesetze (waldrelevante Gesetze des Bundes und der Länder). Eine abschließende Liste waldtypischer Gefahren gibt es nicht. Sie ergeben sich aber aus der Natur und der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung oder Nichtbewirtschaftung. Beispiele für waldtypische Gefahren sind umfallende Bäume, abbrechende Äste, herabfallende Waldfrüchte (z.B. Eicheln, Kastanien), Totholzbäume und Totholzinseln, Unebenheiten und Schlaglöcher auf Waldwegen und in Beständen, schmale und kaum sichtbare Gräben, quer über einen Waldweg verlaufende Hangsicherung durch Holzstämme mit Stufenbildung, angehobene Wurzelteller, Dornen, Steinschlag im Gebirge, Erdrutsche nach Extremwetterlagen, uneingzäunte Gewässer, Gefahren durch Raupen des Eichenprozessionsspinner und nicht abgezäunte steile Abhänge.

Rechtlich nicht abschließend geklärt ist der Umgang mit akut drohenden Gefahren, wie. z.B. ein über den Waldweg hängender Baum oder angebrochener Starkast. Um auf der sicheren Seite zu sein, sollten Waldbesitzer, sobald sie von einer solchen Gefahr Kenntnis erlangen, diese auch so schnell wie möglich beseitigen [2 S. 26f].

Atypische Gefahren, mit denen ein Waldbesucher normalerweise nicht rechnen kann, sind z.B. ungekennzeichnte Baugruben oder Bodenaushube in Waldbeständen, Abbruchkanten im Gelände durch Steinbrüche und schlecht sichtbar gespannte Drähte, aber auch Gefahren des Jagdbetriebs. Für Schäden, die letztere verursachen, haftet der Jagdpächter / Jagdausübunsberechtigte [2 S.17ff], für die anderen der Waldeigentümer.

Eine Verkehrssicherungspflicht für den Waldbesitzer gibt es aber sehr wohl zur Abwehr von Gefahren, die von Bäumen ausgehen (herabfallende Äste, Baumumsturz, Äste im Lichtraumprofil von Straßen und Eisenbahnlinien) und Erholungseinrichtungen, waldrandnahe Bebauung, öffentliche Straßen und Bahnlinien treffen können. Im Falle von Erholungseinrichtungen und weiteren Einrichtungen und Bauwerken ist der Waldbesitzer zusätzlich für die technisch-bauliche Sicherheit verantwortlich. [2]

Werden Schäden durch höhere Gewalt verursacht, z.B. Stürme ab Windstärke 9 aufwärts, so haftet der Waldbesitzer ebenfalls nicht, wenn die den Schaden verursachenden Bäume standortgerecht waren. Dabei liegt der Nachweis darüber beim Geschädigten.

Ein Waldbesitzer kommt seiner Verkehrssicherungspflicht nach, wenn er in regelmäßigen Abständen die Bäume der möglichen Gefahrenbereiche kontrolliert. Dabei ist der Turnus der Duchführung der Kontrollen nicht klar definiert und schwankt je nach Auslegung oder Gerichtsurteil zwischen 6 und 36 Monaten. Die Notwendigkeit der Kontrolle hängt von den Gegebenheiten vor Ort wie Zustand, Alter und Standort der Bäume ab. Steht beispielsweise eine Kultur an der Straße ist die Notwendigkeit der Kontrolle geringer als bei überalterteten Altbeständen oder in windwurfgefährdeten Bereichen. Entdeckte Gefahren sollten sobald wie möglich beseitigt werden. [2 S. 33 ff.]. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte alle 6 Monate einmal im belaubten und einmal im unbelaubten Zustand seinen Wald kontrollieren. Die Kontrolle sollte in jedem Fall dokumentiert werden. Beispiele für Formulare zur Dokumentation finden sich hier [2 S. 79 ff].

Die Kontrollen können auch an fachkundiges Personal oder einer Fachfirma delegiert werden. Ist mit der Übernahme der Kontrolle auch die Delegation von verkehrssicherheitsrelevanten Schnittmaßnahmen verbunden, übernimmt die Fachfirma auch die Verkehrssicherungspflicht und damit die mögliche Haftung beim Eintritt von Schäden. Dem Waldbesitzer bleibt dennoch eine Restverantwortung, da er die Fachfirma dahingehend auszuwählen, zu kontrollieren und zu überwachen hat, ob sie die delegierten Verkehrssicherungspflichten auch tatsächlich ausgeführt hat. [4]

Leitfaden Verkehrssicherungspflicht Ba-Wü

Weiterführende Links:

Verkehrssicherung im Wald- Waldwissen.net

Verkehrssicherung im Wald - Wann haftet der Waldbesitzer? - agrarheute.com

Verkehrssicherung - Baumkontrolle - bafg.de

Weiterführende Literatur:

Verkehrssicherungspflichten für waldtypische Gefahren

Runderlass des MULE und MLV 16.02.2017 zu Straßen

Keine Haftung des Waldbesitzers bei Astbruch

HinweiseZuVSP_01 Rheinland-Pfalz

Waldpost17_18_Verkehrssicherungspflicht Sachsen

[1] Bundesgerichtshof 2012: Grundsatzurteil des BGH vom 02.10.2012, Aktenzeichen: VI ZR 352/13

[2] aid Infodienst (Hrsg.) 2015: Verkehrssicherungspflicht der Waldbesitzer, 2. Auflage, Bonn, 90 S. Verkehrssicherungspflicht der Waldeigentümer 3. Auflage

[3] Hilsberg, Rainer 2019: Moutainbiker stürzt auf Waldweg - Haftung des Waldbesitzers; AFZ/Der Wald Nr. 24/2019 S. 42 f.

[4] Hilsberg, Rainer 2021: Übertragung der Verkehrssicherungspflicht auf Dritte; AFZ/Der Wald Nr. 8/2021 S. 46 f.