Waldbaumaßnahmen und Klimawandel

Nadelholzbewirtschaftung im Klimawandel am Beispiel Fichte

Die gemeine Fichte (Picea Abies) gilt gemeinhin als der Brotbaum der deutschen Forstwirtschaft. Doch insbesondere in Zeiten des Klimawandels unterliegt auch diese ertragsreiche Baumart den sich verändernden Umweltbedingungen.

Die klimatischen Veränderungen in Folge des Klimawandels stellen sich vereinfacht dargestellt folgendermaßen dar.

• Steigenden Temperaturen

• Die Verteilung von Niederschlägen verändert sich

• Trockenheit wird mehr

• Zunahme an Starkregenereignissen (Überflutung, Erosion, Staunässe)

• Zunahme an Sturmereignissen

• Mehr Schädlinge

• Mehr Waldbrände

Diese klimatischen Veränderungen für den jeweiligen Standort lassen sich über das Portal Klimafolgenonline abrufen.

Wie in Abbildung 1 farblich dargestellt beschränkt sich das natürliche Verbreitungsgebiet der Fichte nach der nacheiszeitlichen Wiederbewaldung auf die Alpen, sowie die höheren Lagen der Mittelgebirge. In diesen Regionen kam die Fichte überwiegend in Mischbeständen als Bergmischwald mit Buche, Tanne und Bergahorn vor.

Natürliches Vebreitungsgebiet der Fichte

Abbildung 1: Natürliche Vebreitung der Fichte (© Projekt KoNeKKTiW, FVA-BW, Markus Lohr)

Das Fichtenvorkommen nach der derzeit aktuellsten Bundeswaldinventur (BWI 3, 2012) zeigt die aktuelle Verbreitung der Fichte in Deutschland. Mit einem Anteil von 25 % an der Waldfläche sowie 33 % des Holzvorrats in Deutschland kommt der Fichte eine besondere wirtschaftliche Relevanz zu. Anzumerken ist jedoch, dass sich die Fichte hier bereits großflächig außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebiets bewegt (siehe Abbildung 2).

Fichtenvorkommen nach BWI3, 2012

Abbildung 2: Das Fichtenvorkommen in Deutschland nach BWI3 2012; (© Projekt KoNeKKTiW, FVA-BW, Markus Lohr; Quelle: Sachsenforst /Schmid (2015) nach Polley et al. (2015), verändert)

Durch die natürliche Verbreitung in den Wäldern der kaltgemäßigten Klimazone sowie Mittelgebirgsregionen hat die Fichte eine relativ geringe Anpassungsfähigkeit an warme bzw. wärmere Standorte und ist ganzjährig auf eine gute Wasserversorgung angewiesen.Diese Eigenschaften wirken sich im Klimawandel besonders auf die niederen Lagen bisheriger Fichtenstandorte aus.

Zur allgemeinen Einordnung kann eine sogenannte Klimahülle für die Baumart Fichte genutzt werden. In Abbildung 3 zeigt die Klimahülle der Fichte das aktuelle Verbreitungsgebiet in Deutschland und die Wärmegrenze von 9,5°C als limitierenden Faktor für eine planmäßige Bewirtschaftung mit der Baumart Fichte (siehe Abbildung 3).

Abbildung 3: Die Klimahülle der Fichte (verändert) (© Projekt KoNeKKTiW, FVA-BW, Markus Lohr)

Bereits heute sind viele Regionen Deutschlands in der Bewirtschaftung sehr eingeschränkt, da besonders Trockenheit und Borkenkäferbefall stetig zunehmen. Es handelt sich um die gelb gekennzeichneten Gebiete in Abbildung 4. Die Entwicklung zukünftiger Klimaszenarien zeigt, dass gegen Ende des 21. Jahrhunderts die Jahresmitteltemperatur in den meisten Regionen Deutschlands über 10°C betragen wird. Eine planmäßige Bewirtschaftung wird demnach nur noch in den Alpen und den höheren Lagen der Mittelgebirge über 700 m ü. N.N. möglich sein, welche hier in grün dargestellt sind (siehe Abbildung 5).

Abbildung 4: Darstellung der mittleren Tagestemperatur für den Zeitraum 1981 bis 2010 nach dem RCP 8.5 Szenario (© Projekt KoNeKKTiW, FVA-BW, Markus Lohr)

Abbildung 5: Darstellung der mittleren Tagestemperatur für den Zeitraum 2071 bis 2100 nach dem RCP 8.5 Szenario (© Projekt KoNeKKTiW, FVA-BW, Markus Lohr)

Die klimatischen Veränderungen zeigen die drängende Handlungsnotwendigkeit bereits bestehende Fichtenbestände durch geeignete waldbauliche Methoden an zunehmende Stürme, Trockenheit und Borkenkäferbefall anzupassen.Diese Anpassung kann durch Maßnahmen zur Reduktion der Anfälligkeit/Verletzlichkeit von Fichtenbeständen gelingen.

Die Maßnahmen in der Praxis sind hier nur durch eine Anpassung bisheriger waldbauliche Konzepte umsetzbar, d.h.

  • Angepasste standortsgerechte, klimaplastische Baumarten/Mischungen
  • Angepasste Bestandesbehandlung
  • Angepasste technische Produktionsziele und Produktionszeiten

Die Anpassungsmaßnahmen lassen sich aus waldbaulicher Sicht nach der Entwicklungsphase von Beständen aufteilen:

  • Verjüngung/Kulturbegründung
    • standortsgerechte Baumartenwahl/Herkünfte
    • Begründung von Mischbeständen
    • angepasste Wildbestände
  • Bestandeserziehung
    • Durchforstung zur Stabilisierung der Bestände
    • Verkürzung von festgelegten Produktions/Umtriebszeiten
  • Erntenutzung/Verjüngung
    • Anpassung/Absenkung der Zieldurchmesser (Z-Bäume)
    • Frühzeitige Förderung der Naturverjüngung

Weitere Informationen zu den konkreten Maßnahmen der Bestandeserziehung sind in den nachfolgenden Artikeln zu finden:

[1] Lohr, Markus (2020); Fichtenbewirtschaftung in Zeiten des Klimawandels; Originalartikel auf Basis der Projektergebnisse von KoNeKKTiW (Kompetenz-Netzwerk Klimawandel, Krisenmanagement und Transformation in Waldökosystemen)