Die Waldschutzsituation der Fichte im Klimawandel
Die Fichte welche in vielen Regionen Deutschlands als Hauptbaumart genutzt wird, unterliegt aufgrund ihres natürlichen Standortsspektrums besonders den sich verändernden klimatischen Bedingungen. Neben den waldbaulichen Anpassungsmaßnahmen einer Nadelholzbewirtschaftung in Zeiten des Klimawandels müssen ebenso die biotischen Schadfaktoren, wie z.B. Insektenbefall berücksichtigt werden. Durch den Klimawandel verändert sich also die Waldschutzsituation.
Bäume im Trockstress: Optimale Bedingungen für den Borkenkäfer
Der Klimawandel führt zu einer erhöhten Disposition für potenzielle Schadorganismen, wie z.B. dem Borkenkäfer.
Klimatische Veränderungen wirken sich in erster Linie zunächst auf den Wald selbst aus. Als Folge führt dies zu einer verstärkten physiologischen Stressituation und/oder Schwächung für die Einzelbäume. Konkret werden die Bäume also durch höhere Temperaturen und Verschiebung der Niederschläge in Ihrem Stoffwechsel gestört. Außerdem werden die Bäume durch zunehmende stärkere Extremereignisse auch physisch stärker geschädigt.
Eine Stoffwechselstörung der Bäume, d.h. eine gestörte Harzproduktion der Bäume in Kombination mit einer geringen Wasserverfügbarkeit (z.B. Trockenstress) und einer zusätzlichen Schädigung des Baumes führt selbst bei wenigen Insekten (z.B. Borkenkäfern) zu einem hohen Befallsrisiko. Vitale Bäume mit einem ungestörten Harzfluss können hier nur im Fall eines sehr starken Käferaufkommens erfolgreich besiedelt werden (siehe Abbildung 1).
Abbildung 1: Borkenkäfer an Nadelbäumen (Quelle © KoNeKKTiW, FVA BW, angepasst, Original von Collin et al.)
Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Entwicklung und Vermehrung des Borkenkäfers
Die Auswirkungen auf die Schadorganismen selbst bringt aus wissenschaftlicher Sicht gewisse Unsicherheiten mit sich, da die beobachteten Effekte nicht auf alle Insekten anwendbar. Für die Praxis lässt sich aber zweifelsfrei festhalten, dass viele Insekten von den höheren Temperaturen profitieren.
Für den Borkenkäfer bedeutet dies infolge einer steigenden Durchschnittstemperatur:
- Eine kürzere Entwicklungszeit der einzelnen Entwicklungsstadien von der Larve bis zum befallsfähigen Käfer
- Und damit insgesamt mehr Käfergenerationen im gesamten Jahr
Zusätzlich kann diese, aus forstwirtschaftlicher Sicht, negative Befallsdynamik durch eine geringere Wintermortalität infolge milderer Winter verstärkt werden.
Ausführliche Informationen zur Veränderung der Populationsdynamik des Borkenkäfers im Klimawandel
Das Portal Waldwissen.net hat hierzu alle Informationen in einem informativen Video zusammengefasst.
Der Einfluss von Extremwetterereignissen
Die forstwirtschaftliche Betrachtung der zufälligen Nutzung von Insektenholz im Zeitraum 1989 bis 2018 für den Gesamtwald Baden-Württemberg zeigt einen weniger überraschenden Insektenholzanfall in den Jahren mit großen Sturmereignissen wie z.B. Sturm „Lothar“ im Jahr 2000. In den Folgejahren nach Sturmereignissen konnte aber ein deutlich erhöhter Anfall von Insektenholz festgestellt werden. Durch die oben beschriebene physiologische Schwächung und/oder teilweise Beschädigung der Bäume konnten so potenzielle Schadorganismen Bestände großflächig befallen. In extremen Trockenjahren ist ein erhöhtes Insektenholzaufkommen zu erkennen. Besonders durch Trockenstress geschädigte Bäume, wie die Fichte haben hier eine stark erhöhte Disposition, d.h. sehr gute Befallsbedingungen für einen Insektenbefall durch Borkenkäfer (siehe Abbildung 2).
Abbildung 2: Zufällige Nutzung an Insektenholz 1989 bis 2018 (Quelle © KoNeKKTiW, FVA BW, angepasst, Original von lb, H.; Grüner; J.; John, R.; Seitz, G.; Wußler, J. (2019): „Waldschutzsituation 2018/2019 in Baden-Württemberg" AFZ-DerWald **7**: 14-17)
Die Typologie des Borkenkäfers an der Fichte
Die Borkenkäfer gehören zur Familie der Rüsselkäfer (siehe Abbildung 3) und lassen sich unterteilen in:
Rindenbrüter
- Buchdrucker (Ips typographus): Der Buchdrucker ist der gefährlichste Rindenbrüter an der Fichte. Er bevorzugt dickere Stammrinde von Fichten im Baum – bis Altholzalter
- Kupferstecher (Pityogenes chalcographus): Der Kupferstecher bevorzugt dünnere Rinde im oberen Kronenbereich und ist oft mit dem Buchdrucker vergesellschaftet. Er befällt vor allem Stangenhölzer, Dickungen und gelegentlich auch Kulturen und Naturverjüngung
Holzbrüter
- Linierter Nutzholzborkenkäfer (Xyloterus lineatus, syn. Trypodendron lineatum): Der linierte Nutzholzkäfer ist ein Frühschwärmer. Er ist ab März, in wärmeren Lagen oft schon im Februar unterwegs. Dabei befällt er alle Nadelholzbaumarten, bevorzugt Fichte, Tanne, Kiefer und Lärche. Im Gegensatz zu den Rindenbrütern ist der Holzbrüter aber „nur“ ein technischer Schädling. Die Schwarzfärbung der Holzgänge durch das Pilzmyzel führt aber zu einer technischen Holzentwerung.
Abbildung 3: Die verschiedenen Typen der Borkenkäfer (Quelle © KoNeKKTiW, FVA BW, angepasst)
Was tun? - Möglichkeiten der Risikominderung
Die genannten klimawandeltypischen Veränderungen wie die Zunahme von Extremwettereignissen und der Anstieg der Jahresdurchschnittstemperatur sind forstwirtschaftlich nicht beeinflussbar. Die waldbaulichen Möglichkeiten der Risikominderung für die Baumart Fichte sind dagegen divers und können nach der jeweiligen Bestandesphase unterschieden werden. Es kann nach den folgenden Bestandesphasen unterschieden werden:
- Verjüngung/Kulturbegründung
- Bestandeserziehung
- Erntenutzung/Verjüngung
Ausführliche Informationen hierzu finden sich im Artikel Nadelholzbewirtschaftung im Klimawandel - am Beispiel Fichte.
Quellen:
Collin, Sarah; Quadt, Verena; Lohr, Markus (2020); Fichtenbewirtschaftung in Zeiten des Klimawandels - Borkenkäferproblematik und Risikominderung; Originalartikel auf Basis der Projektergebnisse von KoNeKKTiW (Kompetenz-Netzwerk Klimawandel, Krisenmanagement und Transformation in Waldökosystemen)